Wir können auch Küste!
Unser Wanderwart unterwegs in Portugal
Der Trilho dos Pescadores, zu deutsch Fischerpfad, ist ein inzwischen 225 km langer Küstenfernwanderweg im äußersten Südwesten Portugals. Mit meiner Frau Dagmar bin ich den ursprünglichen Hauptweg von Porto Covo nach Odeceixe gegangen. Dies waren gut 80 km.
Der Fischerpfad zählt zu den schönsten Küstenweitwanderwegen in Europa. Er verläuft überwiegend auf schmalen Pfaden an der Steilküste entlang und man überwindet dabei immer wieder wunderschöne Buchten und Strände. Die Küste ist extrem vielseitig. Von klassischer Dünenlandschaft bis hin zu schroffen und bizarren Felsformationen ist alles dabei.
Man findet hier eine einzigartige Pflanz- und Tierwelt. Nicht nur die an der Steilküste nistenden Störche, sondern auch die Vielfalt an Wildblumen sind in Europa ohnegleichen. Immer wieder laufen wir durch Duftschwaden von Kiefer, Lavendel und diversen Wildkräutern.
Die Schwierigkeiten dieses Weges sind bei weitem nicht die Höhenmeter - denn diese fallen mit durchschnittlich 250 hm / Tag sehr moderat aus – sondern, dass man ca. 60% des Weges auf bzw. im Sand läuft. Dies macht das Wandern beschwerlich und langsam. Auch die kurzen und steilen An- bzw. Abstiege über felsigem und stark ausgesetztem Gelände, nur selten seilversichert, zehren an der Kondition.
Tag 1: Nach 3 Tagen Aufenthalt in Lissabon fahren wir 3 Stunden mit dem Bus nach Porto Covo, unserem Ausgangspunkt für die Tour. Nachdem wir gegessen und ein wenig eingekauft haben, geht es auf zur Unterkunft. Diese liegt ca. 5km weiter entlang unseres Weges, welcher bereits seine volle Schönheit zeigt. Wind, Wellen, Steilküste, schöne Buchten, weite Strände und viel Sand auf den Wegen.
Da es in der Unterkunft nur Frühstück gibt, verzehren wir unser mitgebrachtes Lunchpaket bei einem herrlichen Sonnenuntergang.
Tag 2: Nach einem einfachen aber liebevoll zubereiteten Frühstück, geht es auf die heutigen 15 km nach Vila Nova de Milfontes. Mittags, bei der ersten längeren Pause, kommt die Erkenntnis: heute Abend werden wir so richtig erledigt sein! Wir waren zwar vorbereitet - Gamaschen gegen den Sand, Sonnenschutz und genug Getränke - doch der tiefe Sand hält uns fest. Wer einmal auf einer Sanddüne war, wird wissen, was ich meine… vielfach verläuft der Weg knapp an der Abbruchkante entlang. Unterwegs treffen wir immer wieder auf kleinere Gruppen aus aller Welt und wechseln ein paar Worte miteinander. Dummerweise habe ich mir eine Blase gelaufen, doch das abendliche Buffet entschädigt für die Mühen des Tages.
Tag 3: Heute verkürzen wir die Strecke durch eine Überfahrt mit der wohl kleinsten Fähre Europas um gut 4 km. Wir kommen überwiegend ohne Sand aus, doch müssen wir immer wieder durchs Dickicht - was für Dagmar kein Problem ist, und der Schatten verschafft uns bei den hohen Temperaturen Kühlung. Mich aber zwingt es regelmäßig, den Rucksack abzunehmen, teilweise muss ich in die Knie zu gehen, da ich sonst ständig hängen geblieben wäre. Als wir mittags Almograve erreichen, hat das Thermometer die 30°C geknackt.
Tag 4: Um 6 Uhr klingelt der Wecker. Auf der heutigen Königsetappe nach Zambujeira do Mar, 21 km, wollten wir der Hitze entgehen, doch das klappt nur bedingt. Nach einem Frühstück im Café um die Ecke lässt uns die Morgenfrische und der gute Weg schnell vorankommen. An dem heutigen Tag geht es mir allerdings nicht so gut. Ich habe mir eine dicke fette Erkältung zugezogen und muss alle naselang stoppen und nach Luft schnappen. Daher machen wir es wie die Einheimischen: als mittags das Thermometer bei 32°C anlangt, finden wir zum Glück ein schattiges Plätzchen und halten Siesta. Die lange Pause tut mit gut und wir können den Weg fortsetzen, bis wir steil bergab müssen und ich unten wieder Luftprobleme bekomme. Dummerweise geht es auf der anderen Seite wieder steil bergauf. Doch während Dagmar den Anstieg nimmt, als wäre das hier die Norddeutsche Tiefebene, komme ich mir vor wie ein alter Mann. Oben gibt es glücklicherweise ein Café, in dem ich mich erholen kann. Die letzten 3 km sind dann kein Problem mehr, sodass wir durch das frühe Losgehen noch pünktlich bei der Unterkunft ankommen.
Tag 5: Die heutige Etappe nenne ich mal Bergetappe. Auf den 19 km geht es stetig auf und ab. Das, was landschaftlich superschön ist, ist nix für Sicherheitsfanatiker. Die Abstiege oft über rutschige Serpentinen, die Anstiege über blanken Felsen, knapp 10 cm neben dem Abgrund. Das ist ein gutes Training für den Sommer in Mallnitz! Durch den gestrigen Ruhetag bereitet mir die Erkältung heute keine Probleme mehr. Als wir nachmittags unsere Füße in den Seixe halten, sind wir uns einig, dass das echt anstrengende Tage waren, aber auch traumhaft schöne. Nach einem Ruhetag geht es wieder mit dem Bus zurück nach Lissabon. Auf dem Weg dorthin gibt es dann den lang ersehnten Regen.
Stefan Schultz