Tourenbericht Klettersteigtour Dachstein 2023
1.840 Höhenmeter, davon 1.200 im Klettersteig am oberen Ende der Schwierigkeitsskala: Die Super Ferrata auf den Hohen Dachstein verbindet drei anspruchsvolle Klettersteige und gilt als eine der längsten und anspruchsvollsten Klettersteigtouren der Alpen. Ein richtiges Highlight also für jeden Klettersteig Fan, so fanden sich mit Tom, Christoph, Kevin und Tanja auch schnell eine Gruppe, die Tourenleiter Dirk in die Steiermark begleiten wollte (vielleicht hat ein Teil der Gruppe auch sehr hartnäckig dieses Gebiet vorgeschlagen).
Früh morgens ging es am 15. Juli dann zu viert Richtung Süden. Auf der Fahrt wurden dann mit Hilfe von Pit Schuberts “Alpiner Seiltechnik” und Dirk die letzten Fragen zu Steigeisentechnik und Knotenkunde geklärt- erstaunlicherweise waren die Antworten der beiden fast wortgleich. In Radstadt sammelten wir dann Tom ein, der mit der Bahn angereist war und die letzten Kilometer bis zu unserem Hotel in Rohrmoos legten wir dann zusammen, eingequetscht zwischen Rucksäcken und Eispickeln, zurück.
Nach dem Einchecken in unserem Hotel machten wir zuerst einen Materialcheck im Hotelflur (der perfekte Platz dafür ist direkt vor dem Fahrstuhl) und unternahmen anschließend eine kleine Abendtour zu einem nahen Stausee, von dem wir das erste Mal den Hohen Dachstein aus der Nähe bewundern konnten. Die an unserem Weg liegende Schnapsbrennerei hatte leider geschlossen, daher verbrachten wir den Abend bei gutem Essen im Hotel und planten unsere Tour für den nächsten Tag, den Aufstieg auf das Guttenberghaus hoch über Ramsau am Dachstein, wo wir zwei Nächte verbringen wollten.
Die Planung setzte sich noch bis zum Frühstück des nächsten Morgens fort, bis feststand, dass wir vom Gasthof Pfeisterer aus den direkten Weg aus zur Hütte nehmen würden, um nachmittags noch etwas klettern zu gehen. Nach knapp 3 Stunden, 1.000HM bei sommerlichen Temperaturen, kamen nach und nach alle mit unterschiedlich langen Pausen auf der Hütte an. Dort gab es dann erstmal ein Kaltgetränk, bevor wir uns auf den Weg Richtung Sinabell machten, um den restlichen Tag im kurzen Hüttenklettersteig und dem nahen Klettergarten zu verbringen.
Wieder auf der Hütte bezogen wir ein gemütliches Lager für sechs Personen, welches wir zum Glück für uns hatten. Vermutlich hätte die sechste Person auch keinen Platz mehr gehabt. Abends gab es ein ziemliches Unwetter mit Gewitter und Hagel. Da wir Hüttenwirt Günter versprochen hatten, auf gar keinen Fall das Fenster zu öffnen, damit kein Kugelblitz in die Hütte kommt, wurde es doch recht warm im Lager, so dass uns die 1-4 Decken pro Person reichten.
Am nächsten Morgen war das Wetter bedeckt, was uns aber nicht davon abhielt, den Jubiläumsklettersteig zu begehen. Schön steil zog sich dieser anspruchsvolle Steig durch die Südwand des Eselsteins. Sichtweite: geschätzte 3 Meter. Diesem Umstand fiel auch die Gipfelpause zum Opfer, so dass wir einmal um den Gipfel (Steinhaufen) irrten und uns auf die Suche nach dem Abstiegsklettersteig machten, um vor dem einsetzenden Regen wieder auf dem Guttenberghaus zu sein. Nachdem wir die Markierungen und den Beginn der Stahlseile gefunden hatten, stiegen wir bei zunehmend schlechter werdendem Wetter rasch ab. Dass uns der Steig schwerer vorkam als angenommen, erklärte sich beim Blick auf das Schild am Einstieg: Jubiläumsklettersteig (D). Zurück auf der Hütte nutzen wir die bei unserer “Abkürzung” gesparte Zeit für einen Kaffee. Nachmittags kam dann auch die Sonne wieder zum Vorschein, sodass wir mit dem Austria Klettersteig auf den Sinabell unsere zweite Tour trocken absolvieren konnten. Nachdem wir mit der “Peakfinder” App alle Gipfel im Umkreis bestimmt hatten, stiegen wir auf dem Normalweg ab und widmeten uns in Vorbereitung auf unsere Dachsteinbesteigung noch dem Gehen mit Steigeisen, Bremsen von Stürzen auf einem Firnfeld und wiederholten die Spaltenbergung mit der losen Rolle.
Dienstagmorgen ging es über den langen Ramsauer Klettersteig von der Gruberscharte aus über die Hohe Rams, Scheichenspitze und die beiden Gamsfeldspitzen auf die Edelgrießhöhe. Das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite und die Ausblicke auf Ramsau und die Schladminger Tauern waren genial. Von der Edelgrießhöhe aus wollten wir dann über einen Steig Richtung Talstation der Hunerkogelbahn absteigen. “Versicherter Steig, nur für Geübte", hieß es auf dem Wegweiser. Kein Problem für unsere Gruppe. Blöderweise stellten wir jedoch nach ein paar Metern fest, dass der Weg, den wir nehmen wollten, gar nicht mehr existierte. Stattdessen gab es ein großes Schuttfeld mit einigen neueren Markierungen. Wegrichtung: nach unten. Das Abfahren von Schuttfeldern kann man entweder lieben oder nicht, runter muss man trotzdem. Gibt dann halt ordentlich blaue Flecken. Irgendwann waren wir dann auch wieder auf einem erkennbaren Weg und der Blick in den Himmel verhieß nichts Gutes. Im Eiltempo ging es Richtung Tal, die erste Hälfte der Gruppe schaffte es noch zu einer (verschlossenen) Hütte, die wenigstens etwas Schutz vor Wind und Starkregen bot. Die andere Hälfte wurde richtig nass und stieg direkt zur vereinbarten Hütte ab. Als das Gewitter abgezogen war und der Regen etwas nachließ, wagten wir uns unter unserem Unterstand hervor und stiegen auf einem Forstweg zur Hütte ab. Nach einigen Metern überholte uns ein Lieferwagen und hielt neben uns an. “Ihr seid ganz schön nass. Soll ich euch mitnehmen?”. Jackpot. Der freundliche Elektriker lud uns samt Gepäck in seinen Bulli und holte auch noch die zweite Hälfte der Gruppe von der Hütte ab. Zusammen mit einer ebenfalls nassen Gruppe englischer Wanderer ging es im dunklen Innenraum (Licht gab es nur, wenn der Wagen stand) talwärts. Da der Busverkehr aufgrund des Unwetters eingestellt wurde, brachte uns der nette Fahrer sogar noch bis zu unserem Auto nach Ramsau. Nachdem wir uns überschwänglich bedankt hatten und den Hagelschaden am Auto inspiziert hatten, ging es nach Schladming in unser Hotel - und in eine warme Dusche.
Am nächsten Morgen regnete es wieder. Kein Wetter für die Super-Ferrata. Stattdessen tobten wir uns auf den Sportklettersteigen in der Silberkarklamm aus- nass waren wir ja schließlich eh. In unserer Pause auf der Silberkarhütte (die Buttermilch ist eine echte Empfehlung!) riet uns der Wirt jedoch von der Begehung des dritten Klettersteiges oberhalb der Hütte ab, da er mit einem weiteren Gewitter rechnete. So stiegen wir durch die Klamm ab und verbrachten den Nachmittag bei Blaubeerkuchen auf der Hotelterrasse. Das Gewitter war vorbeigezogen, aber nach den Erfahrungen des Vortages war uns einmal mehr klar geworden, wie schnell das Wetter in den Bergen umschlagen kann.
Auch der Wetterbericht für den Rest der Woche verhieß nichts Gutes, so dass wir wussten, dass wir unseren Traum von der Super Ferrata in diesem Urlaub nicht realisieren konnten. Aber auch das gehört im Bergsport dazu. Am Donnerstag war es zwar wieder sehr nebelig, wir wollten jedoch trotzdem versuchen, den Hohen Dachstein zu besteigen. Mit der Hunerkogel Bergbahn ging es steil an der Dachstein Südwand entlang hoch auf 2.700m. Von dort aus machten wir uns auf den Weg Richtung Steinerscharte. Beim Verlassen des Wanderweges legten wir Steigeisen an und seilten uns an. Über die Steinerscharte führte ein Klettersteig auf den großen Gosaugletscher. Zumindest fast, denn die letzten Meter mussten durch den Gletscherrückgang ohne Stahlseil geklettert werden. Klettern mit Steigeisen und Pickel ist für jemanden, der noch nie eine Hochtour gemacht hat, eine ganz schöne Herausforderung. Vor allem, da man so schön in die Randkluft reinschauen konnte, die es zu überwinden galt. Aber Dirk machte souverän vor wie es geht und kurze Zeit später standen wir alle wieder auf dem Eis. Insgesamt sind wir auf dem Weg zum Westgrat nur zwei weiteren Seilschaften begegnet, das Gefühl, im totalen Nebel über einen Gletscher zu laufen, war schon besonders. Ich war für meinen Teil völlig überzeugt davon, dass ich allein nie den Weg über den Gletscher gefunden hätte, die Sicht reichte gerade so bis zum Vordermann in der Seilschaft. Vielleicht ging es dem Rest der Gruppe ähnlich. Aber Dirk navigierte uns ohne Probleme über das Eis, so dass wir nach einem letzten steilen Anstieg am Einstieg des Klettersteiges auf den Hohen Dachstein standen.
In leichter Kletterei ging es die letzten Höhenmeter hinauf bis zum Gipfelkreuz, welches die 3.000m erreichte, wir blieben knapp darunter. Leider war die Sicht immer noch nicht vorhanden, sodass wir nach einem Gipfelfoto über den Schultersteig zurück auf den Hallstätter Gletscher abkletterten. Glücklich darüber, dass wir gemeinsam auf dem höchsten Gipfel der Steiermark standen, ging es über den planierten Weg zurück zur Bergstation. Unten im Tal war das Wetter erstaunlich schön, sodass wir in der Sonne noch den ersten Kaiserschmarrn des Urlaubes auf der urigen Walcheralm genießen konnten.
Am letzten Tag regnete es wieder und Dirk entschied, dass für uns in Anbetracht der Wetterprognose mit Gewitterneigung ab Mittag kein Klettersteig mehr machbar war. So entschieden wir uns zu viert eine Wanderung auf der Reiteralm zu unternehmen, während Kevin sich ein Mountainbike ausgeliehen hatte und damit die Gegend erkundete. Beim Erreichen des ersten Gipfels hörte es auch auf zu regnen und wir konnten unsere Wanderung bei schönem Wetter fortsetzen. Auf dem Weg zum letzten Gipfel unserer Tour hörten wir jedoch in der ferne Donner und drehten um. Dies war auch die richtige Entscheidung, da wir die Hütte gerade bei den ersten Regentropfen erreichten. Abends machten wir dann noch eine Shoppingtour durch Schladming und besuchten gemeinsam ein Restaurant, in dem es fantastische steirische Küche gab. Den restlichen Abend ließen wir wie gewohnt bei Rotwein und Grappa im Hotel ausklingen und lauschten den Geschichten unseres Wirtes “Rolf” - zumindest bis dieser ins Bett ging und uns allein an der Bar zurückließ.
Samstag packten wir unsere Sachen zusammen und verabschiedeten uns von Tom, der noch zwei Wochen Bergurlaub vor sich hatte und fuhren zurück nach Hause.
Auch wenn es mit der Super Ferrata diesmal wetterbedingt nicht geklappt hat, haben wir viel erlebt, gelernt, Grenzen verschoben und eine tolle gemeinsame Bergwoche gehabt. Danke an Dirk für die tolle Organisation der Tour und die Führung durch das Dachsteingebiet. Und ein gemeinsames Tourenziel haben wir ja auch noch…
Tanja Schröder