5 Gipfel, drei Hütten und einiges an Höhenmetern über Fels und Eis auf die schönsten Berge der Oetztaler Alpen- zwei erfahrene Hochtourengehen und vier motivierte Anfänger: diese Konstellation erwartete Tourenleiter Dirk bei seiner ersten geführten Hochtour. Tom unterstützte ihn als zweiter Trainer. Am Samstag trafen wir (Dirk, Tom, Beate, Thomas, Kevin, Patrick, Roman und Tanja) uns abends im Oetztal, checkten die Ausrüstung auf der Eingangstreppe unserer Pension (es gab leider keinen Fahrstuhl den wir blockieren konnten), packten die Rucksäcke neu (zwischen 28 und 60 Litern war alles vertreten) und gingen danach noch gemütlich essen.
Sonntagmorgen fuhren wir nach dem Frühstück und dem finalen Packen der Rucksäcke in Fahrgemeinschaften nach Vent. Von dort aus stiegen wir durch das Niedertal in etwa 3 Stunden zur Martin-Busch-Hütte auf 2.501m auf. Getreu dem Motto „work high, sleep low“ wollten wir eigentlich noch weiter Richtung Gletscher steigen, ein Gewitter hinderte uns jedoch daran, sodass wir nach einer kurzen Wiederholung der Spaltenbergung mit Loser Rolle wieder in der Hütte landeten. Vielleicht konnte deshalb in der ersten Nacht fast keiner gut schlafen, vielleicht lag es auch an unserem 8-Personen-Lager, in dem wirklich alles permanent Geräusche gemacht hat.
Unser erster Gipfel sollte am Montag der Similaun sein. Zuerst folgten wir dem Serpentinensteig auf den Marzellkamm, von dem wir das erste Mal einen guten Blick auf Similaun, Hintere Schwärze und Co. hatten. Weiter ging es über den Kamm, teilweise durch Schrofengelände und in leichter Kletterei bis zum höchsten Punkt des Marzellkammes auf 3.149m. Dies war für einige Teilnehmer der bisher höchste Punkt den sie bisher bestiegen hatten. Kurz vor dem Niederjochferner machten wir eine Pause und legten die Gletscherausrüstung an. In zwei Seilschaften stiegen wir über den Gletscher in Richtung des Gipfelaufbaus des Similauns zu. Auf einer Höhe von knapp 3.400m mussten wir jedoch wetter- und zeitbedingt umdrehen und stiegen zur Similaunhütte ab. Diese überzeugte jedoch mehr mit Aussicht als mit genießbarem Kaffee. Die letzten 500 Abstiegsmeter wurden danach auf dem Bergweg zurück zur Martin-Busch-Hütte zurückgelegt.
Am nächsten Tag startete ein Teil der Gruppe den zweiten Gipfelversuch. Diesmal jedoch über die Similaunhütte, auf der der Rest der Gruppe wartete und versuchte durch den dichten Nebel wenigstens mit dem Fernglas dabei zu sein. Heute klappte die Besteigung des Similaungipfels, niemand fiel in den Fluss (war knapp) und nach und nach kamen alle wieder auf der Martin-Busch-Hütte an. Dort konnte man als besonderes Highlight gleich zwei seltene Vögel beobachten: einen Steinadler und einen jungen Bartgeier.
Am Mittwoch wechselten wir die Hütte und machten uns vollbepackt auf den Weg zum Hochjoch-Hospiz. Bei unserer heutigen Tour überschritten wir den Saykogel, der trotz seiner imposanten Höhe von 3.360m heute keinen Gletscherkontakt brachte. Wir stiegen über den Südostgrat auf und über den Westgrat ab. Dieser war deutlich anspruchsvoller, leichte Kletterei in Blockgelände und nicht jeder Stein war fest- dies haben wir besonders auf der Suche nach einem einem Fixpunkt zur „Stockbergung“ gemerkt. Nachdem wir alle Stöcke wieder eingesammelt hatten, ging es über Altschneefelder und einige Bäche hinab zum Hochjochhospiz. Obwohl hinab eigentlich nicht ganz richtig ist, kurz vor der Hütte ging es nochmal 150m runter um einen Bach zu überqueren (und natürlich wieder hoch). Das Bier auf der Hütte war also verdient, der Kaiserschmarrn auch. Alle die das Seil getragen hatten (und ein paar andere) kamen danach noch in den Genuss von Beates Schultermassagen. Das Hochjoch-Hospiz überzeugte uns außerdem durch nette, kleine (!) Zimmer und gutes Essen.
Donnerstag ging es nach dem Frühstück und einem kurzen Anstieg über einen schönen Höhenweg zur Vernagthütte. Nachdem wir dort das Gepäck abgelegt hatten, Tom die gelieferten Kassenrollen überbracht hatte (die Hütte gehörte der Schwester des Wirtes des Hochjoch-Hospizes) und Roman davon überzeugt wurde, dass 10 Müsliriegel für eine Gipfelbesteigung ausreichend sind, machte sich ein Teil der Gruppe auf zur Besteigung des Fluchtkogels (3.500m) auf. Der Rest genoss das tolle Wetter mit Kakao auf der Hüttenterrasse oder der Besteigung des Hausberges.
Freitag und damit bereits der letzte volle Tourentag. Für heute Stand mit der Besteigung der Wildspitze ein Highlight der bisherigen Hochtourenwoche an. Die Wildspitze ist mit 3.772m nicht nur der höchste Berg der Oetztaler Alpen, sondern auch in ganz Tirol kommt man nicht höher hinauf. Lediglich der Großglockner ist noch höher, aber man muss ja noch Ziele haben… Thomas entschied sich für eine gemütliche Hüttenwanderung, der Rest der Gruppe machte sich sehr früh auf den Weg. Immerhin waren über 1.200hm im Auf- und Abstieg zu bewältigen. Nachdem wir eine Stelle gefunden hatten, wo wir den ziemlich reißenden Bach überqueren konnten (es fiel wieder niemand in den Fluss, dieses Mal war es aber sehr knapp), erreichten wir schließlich den Gletscher und legten ein letztes Mal unsere Eisausrüstung an. Ein steiler Anstieg führte uns auf das Brochkogeljoch und den ein oder anderen in die Nähe seiner Grenzen. Die Aussicht reichte im Süden bis zum Ortlergebiet, unser Tagesziel konnten wir jedoch noch nicht sehen. In zwei Seilschaften querten wir den flachen Gletscher und hielten ordentlich Abstand zur Nordwand des Hinteren Brochkogels, aus den regelmäßig größeren Steinen fielen. Ein letzter steiler Aufschwung brachte uns über einige Gletscherspalten („die sind nur 30m tief“) zum Gipfelgrat der Wildspitze, an dessen Fuß wir unsere Rucksäcke deponierten. Schlamm, Geröll und eine interessante Kletterstelle später, stehen wir tatsächlich zusammen auf dem Gipfel der Wildspitze. So richtig geglaubt hat keiner, dass wir das schaffen. Daher flossen auch ein paar Tränen. Ich hätte ewig auf dem Gipfel stehen und die Aussicht bewundern können, jedoch lag ja noch der lange Abstieg zur Vernagthütte vor uns. Dirk setzte einige Eisschrauben zwischen den Spalten und bis auf gelegentliche Einbrüche der Schneebrücken kamen auch alle gut darüber. Der Abstieg vom Brochkogeljoch dauerte recht lange, da wir einige Fixseile legten, an denen alle gesichert absteigen konnten. Der restliche Weg konnte dann seilfrei zurückgelegt werden, kam aber erstaunlicherweise allen länger vor als der Hinweg. Auf der Hütte gab es dann entsprechende Mengen Bier und Rotwein für unseren 12-stündigen Ausflug…
Am Sonntag wurde ein letztes Mal der Rucksack gepackt und wir stiegen gemeinsam über die Rofenhöfe nach Vent ab, wo sich gegen Mittag alle auf den Heimweg oder die Weiterreise zu den nächsten Urlaubszielen aufgemacht haben. Ich glaube wir hatten alle viel Spaß, haben viel gelernt und gemerkt, wie wichtig es ist seine eigenen Fähigkeiten einschätzen zu können. Gemeinsam haben wir wieder einmal unsere Grenzen verschoben, Tränen getrocknet, zum Weitergehen motiviert, Brote geteilt (10 Riegel sind ausreichend, man muss sie aber schon mitnehmen) und das grandiose Bergpanorama genossen. Vielen Dank an Dirk und Tom für diese spannende Woche!
Tanja Schröder